GEMA: BGH pruft TV-Weiterleitung in Miets_häusern

Der Bundes_gerichtshof pruft, ob Gemeinschafts_empfangsanlagen in Mietshäusern GEMA-pflichtig sein konnten. Wir haben dazu einen Rechtsanwalt befragt.


Wer kennt sie nicht, die Schussel_wusten auf Mietshäusern? Jedem Mieter eine eigene Schussel mit vielen Kabeln - fur Ästhetik-Freunde kein schoner Anblick. Eine Losung kann eine zentrale Satellitenempfangs_anlage sein. Das Signal wird dann aufbereitet und auf die einzelnen Wohnungen verbreitet. Die Bau- und Betriebs_kosten der Anlage werden auf die Mieter umgelegt. Doch kunftig konnten solche Anlagen deutlich teurer werden, je nachdem wie der Bundesgerichtshof uber eine Klage der GEMA entscheiden wird. Unter dem Akten_zeichen "I ZR 228/14" wird sich der Bundesgerichtshof am 17. September mit dem Thema "Weiterleitung des Kabelsignals durch Wohnungs_eigentumer_gemeinschaft an die Wohneinheiten" beschäftigen mussen.
Geklagt hatte die Gesellschaft fur musikalische Auffuhrungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (kurz GEMA). Diese nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Wenn Programme uber das Kabel verbreitet werden ("Kabelweitersendung") ubernimmt sie außerdem das Inkasso fur Anspruche anderer Verwertungs_gesellschaften, die auf vergutungspflichtigen Kabel_weitersendungs_handlungen beruhen, wie das juristisch exakt formuliert heißt.
GEMA verklagte Wohneinheit auf 7548,73 Euro

In Munchen steht ein Gebäude mit 343 Wohneinheiten, das einer Wohnungs_eigentumer_gemeinschaft gehort. Diese betreibt in diesem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne stammende Signal in die einzelnen Wohnungen der Eigentumer_gemeinschaft zum Empfang von Fernseh- und Horfunkprogrammen verteilt wird.
Die GEMA vertritt nun die Ansicht, die Weiterubertragung des Sendesignals in die Wohnungen uber das von der Beklagten unterhaltene Kabelnetz stelle eine urheberrechtlich relevante offentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschutzten Werken dar. So klagte sie fur die Zeit von Januar 2007 bis Dezember 2013 zuletzt auf Zahlung von Schadensersatz in Hohe von 7548,73 Euro und den Ersatz der Abmahnkosten.
Die Sache landete beim Landgericht Munchen, welches die Klage abwies. Die GEMA ging in Berufung, wieder erfolglos. Das Oberlandes_gericht Munchen nahm an, die Beklagte habe das Recht der Urheber und Leistungsschutzberechtigten zur offentlichen Wiedergabe von urheberrechtlich geschutzten Werken durch die Versorgung der Wohneinheiten mit Fernseh- und Horfunkprogrammen nicht verletzt. Bei der Übertragung der Sendesignale handele es sich nicht um eine urheberrechtlich relevante Weiterleitung an eine Öffentlichkeit, sondern um einen durch die angebrachte Gemeinschaftsantenne verbesserten privaten Empfang der Originalsendungen. Die GEMA ging in Revision. Jetzt darf sich der Bundesgerichtshof damit befassen. Und noch ist nicht sicher, ob am Ende nicht auch der Europäische Gerichtshof damit zu tun haben wird.
Die Position des Rechtsanwalts

Wir haben Rechtsanwalt Matthias Bose von der renommierten Kanzlei Dr. Rudel, Schäfer und Partner in Osnabruck zu seiner Einschätzung befragt: "Die Weitersendung von Fernsehsignalen in einer Hauskabelanlage, die nicht vom Nutzer selbst, sondern von einem Dritten (hier der Wohnungs_eigentumer_gemeinschaft) betrieben wird, konnte eine urheberrechtlich relevante Verwertungs_handlung, gem. §§ 20, 20b Abs. 1 UrhG (Urheberrechtsgesetz) sein. Verwertunsgs_gesellschaften hätten dann einen Anspruch auf eine Vergutung fur eine solche Verwertungs_handlung gegen die Wohnungs_eigentumergemeinschaft.
Die Grenze zwischen einer nicht-offentlichen Empfangsverbesserung und einer offentlichen Kabelweiter_sendung hat nun der BGH zu klären. So wurden Hotels und auch Gaststätten mit einem Fernseher fur Gäste bereits fur diese Verwertunghandlung erfolgreich in Anspruch genommen. Das Landgericht sowie das OLG Munchen haben bei einer (zugegeben: mit 343 Einheiten sehr großen) Wohnungs_eigentumer_gemeinschaft dies jedoch abgelehnt. Es handele sich lediglich um eine Empfangs_verbesserung fur die Bewohner, keine urheberrechtlich relevante Kabelweitersendung.
Von der Entscheidung des BGH hängt fur Wohnungs_eigentumer mit Gemeinschafts-TV-Anlagen ab, ob in Zukunft Verwertungs_gesellschaften zusätzliche Zahlungen geltend machen durfen. Da zum Teil auch europarechtliche Fragestellungen bestehen, ist es zudem nicht unwahrscheinlich, dass der BGH den EuGH zur Klärung dieser Fragen anrufen wird. Wohnungs_eigentumer_gemeinschaften unter 75 Wohneinheiten mussen sich, dies ist die bisher gelebte Praxis, die zudem Bestätigung im Gesetzgebungs_verfahren erfahren hat, derzeit keine Gedanken uber eine etwaige Lizenzpflicht machen.
Fall ist schwer verständlich

Einerseits: Teilt man die 7548,73 Euro auf die 343 Wohnungseinheiten auf, wurden sich rund 22 Euro pro Mietpartei fur sechs Jahre ergeben, also rund 3,50 Euro im Jahr. Gleichwohl, der rechtliche Hintergrund ist fur einen juristischen Laien nur schwer zu durchschauen.
Bleibt die Frage, wie die Sache am Ende ausgehen wird: Werden Wohnungs_eigentumer moglicherweise kunftig zähne_knirschend zahlen oder legen sie lieber ihre Empfangsanlage still und erlauben stattdessen wieder den Schusselwildwuchs? Oder konnen sie die Mieter dazu verdonnern, sich die Programme uber kostenpflichtige Angebote von Internet-Anbietern oder TV-Kabelnetz-Anbietern beschaffen zu mussen?
Quele:teletarif.de